Damals™ – mein erstes BarCamp

BarCampRuhr5

BarCampRuhr5 Essen Unperfekthaus

Um die Frage von Stefan Evertz‚ Blogparade „Dein erstes BarCamp – Wo, wann und wie war dein erstes BarCamp?“ beantworten zu können, muss ich ein wenig ausholen und einen Umweg über Twitter machen und dabei ein wenig in die Richtung „Omma erzählt vom Krieg“ schwenken müssen.
Vor etwas mehr als fünf Jahren zog ich von Thüringen ins Ruhrgebiet. Dort arbeitete ich in der Marketingabteilung einer Brauerei. Bei meinem ersten Besuch – ha! noch einer – des Marketing Club Bochum referierte Djure Meinen über Social Media. Dabei sprach er auch über Twitter. Unterstützung erhielt er von den Besuchern der gerade zufällig zeitgleich stattfindenden pl0gbar Bochum, die im Café Konkret saßen und uns per Livestream zugeschaltet wurden.

Nach dem Vortrag war ich so interessiert, dass ich zum Café Konkret fuhr, um mich noch mit den Teilnehmern, hauptsächlich Kathrin Grannemann, und später auch Djure und Jens Matheuszik zu unterhalten. Das war der Abend, an dem ich mich entschied, mir Twitter anzuschauen – und in der Folge sowohl privat als auch beruflich Twitter zu nutzen begann. Noch heute nenne ich Kathrin und Djure scherzhaft meine Twitter-Paten.

Über Twitter wiederum lernte ich immer mehr Menschen aus dem Ruhrgebiet kennen. Und ich traf sie auch: bei der pl0gbar, bei Tweetups und ohne „digitalen Hintergrund“, einfach so auf ein Bierchen oder einen Kinobesuch. Immer wieder hatten die Menschen in meiner Timeline und bei den diversen Treffen von diesen „BarCamps“ geschwärmt. Also entschloss ich mich Anfang 2009 am BarCampRuhr2 in Essen teilzunehmen. Schon damals™ war die Anmeldung über mixxt ein kleiner Nervenkitzel.

Nach wenigen Minuten waren alle Tickets weg. Heute dauert das nur Sekunden. Aber ich war vorgewarnt, hatte mir den Termin im Kalender gespeichert, mich mehrere Minuten vorher im Netzwerk eingeloggt, die F5-Taste malträtiert und schließlich mit klopfendem Herzen auf den „Ich nehme teil“-Button für beide Tage gedrückt. Damals™ wickelte meines Wissen noch kein BarCamp-Organsator die Ticketbestellungen über amiando ab. Außerdem waren die Tickets – und das meine ich vollkommen wertungsfrei – damals™ noch kostenlos. Das hat sich auch aufgrund der her relativ hohen no-show-Quote und der vielen Interessenten auf der Warteliste, die leer ausgingen, inzwischen geändert.

Ich hatte also mein Ticket in der Mailbox, erste „Freundschaften“ mit mir bereits bekannten Mitgliedern in der Community geschlossen und war neugierig, wie mein erstes BarCamp wohl verlaufen würde. Bereits am Vorabend gab es eine Warm-up-Party im Unperfekthaus in Essen, für die ich mich angemeldet hatte. Allerdings waren dort nur wenige Besucher anwesend. Das hinderte uns aber nicht daran, einen netten Abend zu verbringen. Ich vertiefte Bekanntschaften, die ich in den vergangenen knapp sieben Monaten gemacht hatte, lernte Menschen persönlich kennen, die ich bisher nur von Erzählungen und/oder über Twitter kannte und traf auch mir vollkommen fremde Menschen. Wir saßen zusammen, tranken Bier, wählten Musik über Remote aus – möglichst irgendetwas, das Lukas Heinser in den Wahnsinn trieb – und quatschten. Nach wenigen Stunden, einem schönen Abend und voller Vorfreude auf das vor mir liegende Wochenende fuhr ich schließlich wieder nach Hause.

Am nächsten Tag, dem 28. März 2009, quälte ich mich frühmorgens aus meinem Bett, setzte mich ins Auto und fuhr wieder Richtung Essen. Zu meinem ersten BarCamp. Da ich mich noch nicht so gut in der Stadt auskannte, parkte ich für den Tagestarif von 10 € in einem Parkhaus um die Ecke vom Veranstaltungsort. Als ich am Unperfekthaus ankam, wartete bereits eine lange Schlange vor dem Check-In-Schalter. Einige Gesichter kannte ich sogar, puh. Hauptsache, ich musste nicht alleine ewig in der Schlange rumstehen. Bei der Abfrage des Namens erhielt ich ein Lanyard mit einem Namensschild, ein T-Shirt mit BarCampRuhr2-Aufdruck und konnte mir auf Wunsch Blöcke, Stifte und andere Give-Aways der Sponsoren mitnehmen.

BarCamp Ruhr 6 T-Shirt Frühstück Unperfekthaus Essen

Frühstück und T-Shirt BarCampRuhr6

Ich lief erst einmal mit einigen Leuten durch das Unperfekthaus und erkundete die Location mit ihnen. Damals™ war das Unperfekthaus tatsächlich noch wunderbar unperfekt und nicht so glatt wie es heute in einigen Bereichen beziehungsweise Räumen ist. Viele von uns waren noch nie dort gewesen, einige bereits mehrere Male, aber wir waren alle gleichermaßen begeistert. Zu meinem Entzücken hatten die Räume für die Dauer des BarCamps Namen von Ruhrgebietsstädten erhalten. Und so fanden Sessions in Dortmund, Bochum oder Castrop-Rauxel statt. Im Anschluss an unseren Erkundungsgang bedienten wir uns an dem köstlichen Frühstücksbuffet des Unperfekthauses. Ich hatte zwar schon gefrühstückt, aber für ein zweites Frühstück bin ich grundsätzlich immer offen.

Gegen 10 Uhr begrüßten Kathrin und Stefan uns im Wintergarten. Dann stellten sie die Sponsoren vor, erklärten den Ablauf und es folgte die traditionelle Vorstellungsrunde: Name, vielleicht noch Firma und Aufgabenbereich, falls vorhanden den Twitternamen und drei Tags, die denjenigen beschreiben. Meine Tags waren, wenn ich mich richtig erinnere, #Essen #Ruhrgebiet #Bier. Und irgendwie sind sie heute auch noch ansatzweise gültig. Ich erinnere mich daran, dass es mir damals etwas unangenehm war, vor fast 200, größtenteils wildfremden, Menschen aufzustehen und mich vorzustellen. Aber letztendlich war es dann doch nicht so schlimm, denn die Atmosphäre war und ist auf BarCamps grundsätzlich sehr entspannt und familiär. Das ist vermutlich auch der Grund dafür, dass ich sie auch heute noch so gerne besuche.

Barcamp Düsseldorf BarcampDUS Sessionvorstellung

BarCamp Düsseldorf 2013 Sessionvorstellungsschlange

Im Anschluss an die Vorstellungsrunde begann die Sessionplanung. Jeder Teilnehmer, der eine Session zu einem Thema rund ums Internet, vor allem aber zum Oberthema dieses BarCamps, „Sicherheit“, halten wollte, konnte aufstehen und seine Sessionidee vorstellen. Je nachdem, wie viele Interessenten aufzeigten, erhielten die Referenten einen größeren oder kleineren Raum zugewiesen. Aber natürlich konnte auch eine Session zu jedem anderen interessanten Thema angeboten werden. Die Sessions wurden dann an einer Pinnwand in den Zeit- und Raumplan eingefügt. Damals™ nutze man Timetabler noch nicht, sodass der Übersichtsplan fotografiert und getwittert wurde. Man muss sich eben nur zu helfen wissen. Aber noch heute stehen viele Teilnehmer mit gezückten Smartphones vor der Wand und fotografieren den Plan. Manche Gewohnheiten sind eben nicht so einfach abzulegen.

Nachdem also die Sessionplanung durch war, begann auch schon die erste Sessionrunde. Fast. Denn erst einmal musste ein Gruppenfoto geschossen werden. Auch etwas, das sich bei den folgenden BarCampsRuhr zu einer Tradition entwickelte. Ebenso traditionell suche ich mir seitdem einen Platz außerhalb des Bildes oder zumindest ganz weit hinten.

Barcamp Ruhr 5 Unperfekthaus Essen Sessionplann

Sessionplan BarCampRuhr 5

Und dann begannen die Sessions. Um ehrlich zu sein: Ich weiß nicht mehr genau, welche Vorträge ich bei meinem ersten BarCamp besuchte. Um die vielen Sessions noch exakt den Jahren zuordnen zu können, war ich einfach zu oft bei BarCamps im Unperfekthaus. An eine bestimmte Session erinnere ich mich aber noch relativ genau: Ich weiß noch genau, dass Oliver Heeger sie hielt, aber ich habe nicht mehr die leiseste Ahnung, worüber er sprach. Denn bei dieser Session saß ich neben einem Teilnehmer, mit dem ich vorher ein paar Mal kurz gesprochen hatte. Wir fanden uns sympathisch und unterhielten uns während der Session immer wieder für längere Zeit. Vermutlich haben wir auch gestört – sorry noch mal an alle Anwesenden und an Oliver. Jedenfalls waren wir einige Wochen später zusammen. Gerne würde ich den hoffnungslosen Romantikern und Hollywood-Happyend-Freunden unter euch jetzt erzählen, dass das BarCamp uns quasi zum Paar gemacht hat, der Beginn eines wunderbaren gemeinsamen Lebens war und wir noch heute glücklich miteinander sind. Dem ist aber nicht so.

Barcamp Düsseldorf Bienen-Session @50hz @51hz Djure und Marlena Meinen

BarCamp Düsseldorf Bienen-Session mit Djure und Marlena Meinen

Eines weiß ich aber noch genau: Wir hatten alle viel Spaß und es wurden interessante Themen angeboten. Zwischendurch saßen wir im Wintergarten, quatschten und aßen in der Mittagspause – die ich nur damals™ auf einem BarCamp erlebt habe, inzwischen können die Teilnehmer zwischen den Sessions essen oder lassen einfach einen Vortrag ausfallen – das leckere Essen, das die Mitarbeiter des Unperfekthauses an einem separaten Buffet für uns aufgebaut hatten. Außerdem verliefen wir uns immer wieder in dem unübersichtlichen und verzweigten ehemaligen Kloster. Gegen 18 Uhr war der erste Tag beendet. Einige Teilnehmer saßen noch etwas zusammen, andere gingen essen oder bereits etwas trinken. Wieder andere fuhren nach Hause, weil sie nur für den Samstag gebucht hatten. Ich kann mich gar nicht genau erinnern, was ich machte. Ich meine, ich wäre mit einigen Teilnehmern noch kurz irgendwo etwas essen gegangen. Im Anschluss war ich, glaube ich, noch kurz mit ihnen in einer Bar, um etwas zu trinken und bin dann nach Hause gefahren.

BarCampRuhr 6 Essen Unperfekthaus Frühstück

Frühstück BarCampRuhr 6

Am nächsten Morgen fiel mir das Aufstehen schon merklich schwerer. Aber trotzdem war ich pünktlich. Das hätte ich aber gar nicht sein müssen. Dieses Mal fand ich einen kostenlosen Parkplatz fast vor der Tür, was den vorherigen Tag etwas ausglich. Die Schlange vor dem Check-In war auch nicht mehr wirklich von Bedeutung und so konnte ich schnell das Frühstücksbuffet begutachten und mit meinem zweiten Frühstück beginnen. Das wiederum war natürlich hervorragend. Auch wenn ich von meinem ersten Frühstück immer noch recht satt war. Aber man muss ja vorsorgen. So ein BarCamp-Tag kann anstrengend sein.

Videocamp Düsseldorf 2013 Cube Studios Markus Hündgen

VideoCamp Düsseldorf 2013

Der zweite Tag verlief ähnlich wie der erste, nur eben ohne Vorstellungsrunde. Die Sessions waren außerdem auch schneller abgehakt. Einige Gesichter vom Vortag fehlten, dafür waren neue hinzugekommen. Inzwischen hatte ich ein paar neue Leute kennengelernt und fand überall jemanden, zu dem ich mich setzen und mit dem ich über die besuchten Sessions reden konnte. Als Katti und Stefan die Teilnehmer um 16 Uhr zur Abschlusssession des BarCamps in den Wintergarten luden, war ich ziemlich fertig, aber euphorisch.

Wie bei jedem BarCamp dankten die Organisatoren den Sponsoren, den Teilnehmern und erhielten auch selbst viel Applaus für ihre Arbeit. Damals™ wie heute das Gleiche. Ebenso wie die Bitte um Hilfe beim Aufräumen. Natürlich war ich dabei. Und deshalb war ich ebenfalls dabei, als unser kleiner Trupp vor dem Unperfekthaus stand und diskutierte, wer noch mit zum Essen ins Restaurant kommt. Dazu muss ich sagen, dass ich „deutsches chinesisches“ Essen verabscheue. Natürlich sollte es zum nahe gelegenen Chinesen gehen, der – ebenso natürlich – genau diese Art von Essen anbot.

Dass ich mitging, zeigt, wie viel Spaß mir das Wochenende gemacht hat und wie schwer ich mich trennen konnte. An das Essen – Überraschung – erinnere ich mich nicht mehr. Aber es war noch ein lustiger Abend. Und als ich zu Hause ankam und bevor mir ein entspannendes Bad gönnte, twitterte ich Folgendes: „Fühle mich wie ein vom Kollektiv getrennter Borg.“ Besser kann man das Gefühl nach einem BarCamp nicht beschreiben – auch wenn ich gestehen muss, dass es inzwischen etwas abgenommen hat.

VideoCamp Düsseldorf Berthold Barth

VideoCamp 2012 Düsseldorf Berthold Barth

In den folgenden Jahren war ich bei jeden BarCampRuhr dabei. Und bei drei VideoCamps in Essen und Düsseldorf. Und beim gerade stattgefundenen ersten BarCamp Düsseldorf. Und beim letzten BarCampCologne vor etwa vier Jahren, also vor laaanger Zeit – ein Zustand, den Stefan dankenswerterweise bald ändern wird. Ich habe interessante Sessions besucht und einiges gelernt. Auf BarCamps habe ich viele tolle, unterschiedliche Menschen kennengelernt, die ich sonst vermutlich niemals getroffen hätte. Ich habe gesehen, wie Paare sich fanden und wieder trennten. Ich konnte beobachten, wie Paare zusammen kamen und zusammen blieben. Inzwischen steigt sowohl die Ehepaar- als auch die Kinderdichte auf den BarCamps. Viele gute Freunde und Bekannte habe ich erstmals auf BarCamps getroffen oder bestehende flüchtige Bekanntschaften mit ihnen vertieft. Ich habe gute Gespräche geführt, eine wunderbare Zeit gehabt und lecker gegessen. Kurz: Ich liebe BarCamps.

Vielen Dank für diese schöne Idee und die damit verbundenen wieder hervorgeholten Erinnerungen, Stefan.

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